Die Studie „Extracellular vesicle proteomics uncovers energy metabolism, complement system, and endoplasmic reticulum stress response dysregulation postexercise in males with myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome“ von Glass et al. (2025) untersucht die molekularen Veränderungen bei männlichen ME/CFS-Patienten nach körperlicher Belastung.
Hintergrund
Post-Exertional Malaise (PEM) ist ein zentrales Symptom von ME/CFS, das durch eine Verschlechterung der Symptome nach körperlicher oder geistiger Anstrengung gekennzeichnet ist. Die genauen molekularen Mechanismen hinter PEM sind jedoch noch nicht vollständig verstanden. 
Studiendesign
Die Forscher analysierten das Proteom extrazellulärer Vesikel (EVs) im Blutplasma von 10 männlichen ME/CFS-Patienten und 12 alters- und aktivitätsmäßig vergleichbaren gesunden Kontrollpersonen. Blutproben wurden vor, 15 Minuten nach und 24 Stunden nach einem maximalen kardiopulmonalen Belastungstest entnommen. Die EVs wurden mittels Größenausschlusschromatographie isoliert und ihre Proteinbestandteile durch ungezielte Proteomik (nanoLC-MS/MS) quantifiziert. Anschließend wurden verschiedene Analysen durchgeführt, darunter Differenzanalysen, Pfadanreicherungen, Protein-Protein-Interaktionsnetzwerke und Korrelationen zwischen EV-Proteindynamik und klinischen sowie physiologischen Daten.  
Ergebnisse
• Energiestoffwechsel: Bei ME/CFS-Patienten zeigte sich eine signifikante Abnahme von Proteinen, die mit dem Citratzyklus (TCA-Zyklus) in Verbindung stehen, was auf eine gestörte Energieproduktion hinweist.
• Komplementsystem: 15 Minuten nach der Belastung war bei ME/CFS-Patienten eine Hochregulation von Proteinen des Komplementsystems zu beobachten, was auf eine überaktive Immunantwort hindeutet.
• Endoplasmatischer Retikulum (ER)-Stress: Veränderungen in Proteinen, die mit der Protein-Faltung und der ER-Stressantwort verbunden sind, korrelierten stark mit der Schwere von PEM, was auf potenzielle therapeutische Ziele hinweist.
• Fehlende Korrelationen: Während bei den Kontrollpersonen Korrelationen zwischen EV-Proteinspiegeln und Belastungsparametern wie VO₂peak und ventilatorischer anaerober Schwelle festgestellt wurden, fehlten diese Korrelationen bei ME/CFS-Patienten, was auf gestörte physiologische Prozesse hinweist.
Schlussfolgerungen
Die Studie legt nahe, dass ME/CFS-Patienten nach körperlicher Belastung eine maladaptive Reaktion aufweisen, die durch gestörte Energieproduktion, überaktive Immunantwort und ER-Stress gekennzeichnet ist. Diese molekularen Veränderungen könnten die Grundlage für PEM bilden und bieten potenzielle Ansatzpunkte für therapeutische Interventionen. 
Diese Ergebnisse ergänzen frühere Studien, die ähnliche Veränderungen bei weiblichen ME/CFS-Patientinnen nach Belastung zeigten, und unterstreichen die Bedeutung von EVs als potenzielle Biomarker für ME/CFS.